„Die im Norden erarbeiteten Fairtrade-Standards entsprechen nicht unserer Realität“
Manche Produzentengruppen kritisieren, dass es Fairtrade-Standards gibt, die sich nicht einfach auf die Realität ihres Landes übertragen lassen. Für diese Genossenschaften und auch für viele Plantagen ist es deshalb schwierig, diese Standards umzusetzen.
Der Dachverband FLO e.V. entwickelt die Fairtrade-Standards. In diesem Dachverband sind alle Siegelinitiativen Mitglied und die drei großen Produzentennetzwerke. FLO e. V. hat die Entwicklung aller neuen Standards in einer eigenen Abteilung und dem zugehörigen Arbeitsgremium in Auftrag gegeben. Über die Ergebnisse wird gemeinsam abgestimmt.
Derzeit gibt es bei FLO e.V. produktbezogene Standards und organisationsbezogene Standards.
Produktbezogene Standards definieren, welche Produkte mit dem Siegel verkauft werden können. Es gibt z. B. gesiegelten Kaffee, aber keine gesiegelten Spielzeuge. Diese produktbezogenen Standards definieren u.a. den Fairtrade-Mindestpreis und die Fairtrade-Prämie.
Organisationsbezogene Standards definieren, welche Art von Organisationen gesiegelte Produkte verkaufen können. So darf beispielsweise gesiegelter Kaffee nur von Kleinbauerngenossenschaften produziert werden, aber nicht von Plantagen. Bei Tee ist das anders: Beide Organisationsarten - sowohl Kleinbauerngenossenschaften als auch Plantagen - dürfen gesiegelten Tee produzieren und verkaufen.
Daneben gibt es auch einen Standard, der beschreibt, wie Händler mit gesiegelten Produkten umgehen müssen. In diesem Standard werden u.a. Bezahlungsmodalitäten, Vorfinanzierung und Produktrückverfolgbarkeit festgelegt.
Die Standards sind ohne Frage anspruchsvoll und verlangen viel von den Handelspartnern. Die willkürliche Aufteilung der Welt in drei Produzentenarten ist sehr umstritten: Kleinbauern, Plantagen und vertragsgebundene Gruppen. Viele „Mischorganisationen“, die auch gerne fair handeln würden, sind derzeit vom FLO-System ausgeschlossen.
Es ist außerdem umstritten, dass gewisse Produkte wie Kaffee, Kakao und Zucker laut den FLO-Standards nur dann zertifiziert werden dürfen, wenn sie von Kleinbauerngenossenschaften kommen. Plantagenkaffee und -kakao sind zurzeit somit nicht zertifizierbar.
Strittig ist auch die Aufteilung der Welt in spezielle Länder, in denen Partner zertifziert werden können nämlich generell im Süden und Ländern, in denen Partner nicht zertifziert werden können wie z.B. in Deutschland, in der Türkei oder Albanien.
Innerhalb eines weltweiten Zertifizierungssystems ist es sehr schwierig, realistische und passende Kriterien für so viele unterschiedliche Länder und Handelpartner aufzustellen. FLO e.V. bemüht sich, bei der Aufstellung der Kriterien möglichst viele Aspekte zu berücksichtigen. Trotzdem klaffen Anspruch und Wirklichkeit immer wieder auseinander.
Ein 100% Fair-Händler wie die GEPA hat vielfältigere Möglichkeiten, auf die ganz spezifischen Gegebenheiten einer Genossenschaft in einem bestimmten Land zu reagieren.
Foto: Eduardo Abracos
Ein Zusammenschluss von nicht geschlossener Mitgliederzahl mit dem Zweck, den Erwerb ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Im Fairen Handel sind viele Produzenten in Genossenschaften oder Kooperativen organisiert.
In Deutschland wird das Fairtrade-Siegel von TransFair e.V. vergeben. Der gemeinnützige Verein ist als nationale Siegelinitiative Mitglied von FLO e.V. Die Vergabe des Fairtrade-Siegels erfolgt auf der Grundlage von Lizenzverträgen. Das heißt, um Produkte mit dem Fairtrade-Siegel kennzeichnen und verkaufen zu dürfen, ist bei TransFair eine Lizenz zu erwerben. Bei jedem Verkauf eines besiegelten Produktes muss eine Lizenzgebühr an TransFair Deutschland bezahlt werden.
TransFair e.V. setzt sich dafür ein, weitere Partner und Unterstützer für den Fairen Handel durch Marketing-, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zu gewinnen.
Der Sitz von TransFair e.V. ist Köln.
Seit Mai 2011 führt TransFair e.V. das Organisations-Logo „FAIRTRADE“-Deutschland.
Für viele fair gehandelte Produkte aus dem Lebensmittelbereich gibt es einen von FLO e.V. festgelegten Mindestpreis. Er soll den Produzenten ihre Existenz sichern und eine kostendeckende Produktion ermöglichen. Hinzu kommen die Fairtrade-Prämie und ggf. ein Bio-Zuschlag.
Mehr Informationen unter: www.fairtrade.de/Mindespreis
100% Fair-Händler wie die GEPA beziehen einen Großteil ihrer Ware im Lebensmittelbereich von benachteiligten Kleinproduzenten und
nicht von Plantagen. Anders ist es bei Tee oder Bananen: Diese Produkte kommen auch im Fairen Handel teilweise von Plantagen.
Die Importorganisation zahlt den Produzenten zusätzlich zu dem regulären Preis eine von FLO e.V. festgelegte Fairtrade-Prämie für fair gehandelte Produkte. Die Zahlung der Prämie ist durch die FLO-Standards vorgeschrieben und wird z.B. für Krankenhäuser und Apotheken, für Erwachsenenbildung, Schulen und Kindergärten, für Straßen- und Brückenbau oder für andere Projekte verwendet.
Ein Standard im Fairen Handel, der die Transparenz und damit die Glaubwürdigkeit der Fair-Handels-Beziehungen sichern soll. Der Weg eines Produktes im Rahmen der Lieferkette, also vom Produzenten über den Verarbeiter bis zur Vertriebsorganisation, soll dabei jederzeit rückverfolgbar sein.
Die Produzentengruppen sind entweder Genossenschaften oder abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaft oder in Fabriken. Bei der Herstellung von Kunsthandwerk handelt es sich häufig um Kleingruppen oder Familienbetriebe.
Zertifizierung ist ein Kontrollverfahren, bei dem unabhängige Inspekteure vor Ort die Einhaltung der Standards prüfen. Fällt die Prüfung negativ aus, kann der betroffene Produzent oder Händler seine Zertifizierung verlieren.