Im Wesentlichen wird hier die Entwicklung des Fairen Handels in Deutschland beschrieben. Da die Idee des Fairen Handels sich in verschiedenen Ländern nahezu parallel entwickelte, werden auch die Vorläufer und Anfänge des Fairen Handels weltweit kurz umrissen.
Ende der 1940er Jahre:
In den USA beginnen „Ten Thousand Villages“ (ehemals Mennonite Central Commitee Self Help Crafts) und SERRV (jetzt SERRV International), „Handel mit armen Gemeinden im Süden“ zu betreiben. Diese ersten Aktivitäten sind jedoch in erster Linie Bestandteil von Wohltätigkeitsprojekten. Dabei ging es oft um eine direkte Einkommensverbesserung für einzelne Produzentengruppen, aber nicht um nachhaltige Bildungsziele oder entwicklungspolitische Wirksamkeit.
Ende der 1950er Jahre:
Der Direktor der englischen Entwicklungsorganisation OXFAM bringt von einer Hongkong-Reise die Idee mit, Handwerksprodukte chinesischer Flüchtlinge in Oxfam-Läden zu verkaufen.
1964
Aus dieser Idee resultierte die Gründung der ersten "Alternativen Importorganisation".
1967
Die niederländische Stiftung S.O.S. startet mit dem Handel von Kunsthandwerk aus der so genannten Dritten Welt. Diese Produkte wurden zunächst überwiegend in Kirchengemeinden beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze verkauft.
Sitz von S.O.S. war die Grenzstadt Kerkrade, nahe bei Aachen im Dreiländereck mit Deutschland und Belgien gelegen. Diese Grenznähe wurde für die weitere Entwicklung des Fairen Handels wichtig: Das überzeugende Handlungsmodell von S.O.S. führte dazu, dass auch in Belgien, Deutschland, Österreich und der Schweiz Fairhandels-Organisationen entstanden sind.
Heute trägt die frühere S.O.S. den Namen "Fair Trade Original".
1969
Eröffnung des ersten "Wereldwinkel" (Weltladen) in den Niederlanden.
1970
Aus Kritik an der offiziellen Entwicklungspolitik organisieren die kirchlichen Jugendverbände aej (Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V.) und BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) Hungermärsche in 70 Städten der Bundesrepublik und mobilisieren 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
1971
Daraus entsteht die Bewegung „Aktion Dritte Welt Handel“. Die Ware ist Gegenstand politischen Lernens: „Lernen durch Handeln“.
1972
Die „Gesellschaft für Handel mit der Dritten Welt“ wird als deutsche Tochter der niederländischen Stiftung S.O.S.in Würselen bei Aachen gegründet. Diese Vorläuferorganisation der GEPA erleichtert den Vertrieb der Waren, die man bis dahin aus den Niederlanden beziehen musste.
Gründung von El Puente – Verein für Arbeits- und Sozialförderung in Entwicklungsländern e.V.
1973
Die Aktion Indio-Kaffee aus Guatemala ist unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ erfolgreich.
1975
Die Arbeitsgemeinschaft der 3.-Welt Läden (AG3WL) wird in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. In diesem Jahr gibt es 10 Weltläden.
Gründung der GEPA: Am 14. Mai 1975 wird der Gesellschaftervertrag zur Gründung der GEPA als „wirtschaftlicher Arm“ der Bewegung von A3WH e.V., Kirchlichem Entwicklungsdienst (KED), Misereor und der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft der Dritte Welt Läden unterzeichnet. Der Umsatz liegt im ersten Jahr bei 1,33 Millionen Euro, es gibt etwa 40 Weltläden in Deutschland.
1978
Lernen und Handeln stehen gleichgewichtig nebeneinander: „Wandel durch Handel“. Jutetaschen aus Bangladesch werden im gleichen Jahr mit dem Slogan „Jute statt Plastik“ zum Symbol für die Alternativbewegung und für einen anderen Lebensstil.
1985
Nach 10 Jahren gibt es ca. 200 Weltläden.
1986
Gründung von BanaFair e.V. Der Verein BanaFair e.V. importiert und vertreibt Bananen von Kleinproduzenten, die ihre Früchte unabhängig von multinationalen Konzernen produzieren und vermarkten.
1988
Weltläden der Region Oberschwaben gründen dwp (dritte-welt partner GmbH). 2005 wird dwp in eine Fairhandelsgenossenschaft umgewandelt.
1989
Da Handelspartner verstärkt nach zusätzlichen Vermarktungsmöglichkeiten fragen, entschließt die GEPA sich ihren Vertriebsweg auszuweiten: Von nun kann man GEPA-Produkte nicht nur im Weltladen, sondern auch im Supermarkt einkaufen.
1992
Die Siegelorganisation TRANSFAIR zur Ausweitung des Fairen Handels wird gegründet.
Inzwischen bieten etwa 600 Weltläden fair gehandelte Produkte an.
1998
Offizielle Gründung des Weltladen-Dachverbandes e.V. als gemeinsame Dachorganisation der Weltläden und Aktionsgruppen.
2000
Am 16. Mai 2000 wird die Fair Handelsbewegung durch einen kritischen Fernsehbeitrag im damaligen ZDF-Magazin „Frontal“ erschüttert. Durch intensive Aufklärungsarbeit kann die GEPA zusammen mit TRANSFAIR und allen Engagierten einen großen Teil der Negativ-Auswirkungen aufklären und auffangen.
Die Studie „Entwicklungspolitische Wirkungen des Fairen Handels“ von Organisationen aus dem Umfeld des Fairen Handels (Misereor, Brot für die Welt, Friedrich-Ebert-Stiftung) regt die Diskussion über die politischen Wirkungen des Fairen Handels neu an.
2001
Im September 2001 organisieren alle Akteure des Fairen Handels erstmalig gemeinsam eine „Faire Woche“ mit Unterstützung des BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit).
Auf internationaler Ebene kommt es Ende 2001 zur Verabschiedung eines wegweisenden Grundlagendokuments für die weitere Entwicklung des Fairen Handels. Das FINE-Dokument „Grundlage für eine verbesserte Zusammenarbeit im Fairen Handel“ legt nicht nur die Basis für ein Zusammenwachsen der Fair Handelsbewegung, sondern formuliert auch erstmalig die heute international anerkannte Definition des Fairen Handels. Dieser Text ist auch in Deutschland die Grundlage für die weitere Arbeit der Fair-Handels-Organisationen.
2002
Das „Forum Fairer Handel" wird gegründet: Mitglieder sind Organisationen, die ausschließlich im Fairen Handel arbeiten wie die GEPA und Akteure, die die Förderung des Fairen Handels als einen der Schwerpunkte ihrer Arbeit sehen wie z.B. Misereor und EED. Die Mitglieder definieren als gemeinsame Basis ein Grundlagenpapier, in dem u.a. die Definition, die strategischen Ziele und die Grundsätze des Fairen Handels verankert werden.
2003
Zur Unterstützung des Fairen Handels beschließt die Bundesregierung die Kampagne „fair feels good“, die von der Verbraucherinitiative betreut wird.
2006
Der Discounter Lidl und TransFair verständigen sich in einem Kooperationsvertrag auf eine Zusammenarbeit beim Verkauf von fair gehandelten Produkten. Lidl führt daraufhin ein eigenes Sortiment mit dem Fairtrade-Siegel ein. Dies führt zu erheblichen Diskussionen in der Fairhandelsszene.
2012
Inzwischen sind fair gehandelte Produkte bundesweit in rund 800 Weltläden, 36.000 Supermärkten, Bio- und Naturkostläden, in Discountern und bei etwa 6.000 Aktionsgruppen erhältlich.
Der Faire Handel wächst stetig weiter.
Im Jahr 2011 gaben Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland 477 Millionen Euro für fair gehandelte Produkte aus. Das entspricht einem Jahreswachstum von 16 Prozent und einer Verdoppelung des Umsatzes innerhalb der letzten drei Jahre.
(Zahlen: Forum Fairer Handel)
In Deutschland begann die heutige Fair-Handels-Bewegung 1971 mit der Aktion Dritte Welt Handel (A3WH). Unter dem Slogan „Lernen durch Handel(n)" war die aus dem Süden importierte Ware Gegenstand des politischen Lernens.
Die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt Läden (AG3WL) wurde 1975 als Dachorganisation der deutschen Weltläden gegründet. 1998 wurde sie in Weltladen-Dachverband umbenannt und umfasst heute ungefähr 500 Weltläden und Aktionsgruppen.
Die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt Läden (AG3WL) wurde 1975 als Dachorganisation der deutschen Weltläden gegründet. 1998 wurde sie in Weltladen-Dachverband umbenannt und umfasst heute ungefähr 500 Weltläden und Aktionsgruppen.
Der Begriff bezeichnet die wenig oder unterentwickelten Staaten Afrikas, Asiens, Lateinamerikas, der Karibik und Ozeaniens. Er wurde zur Zeit des Kalten Krieges geprägt, als strikt zwischen den modernen, demokratischen Industriestaaten (Erster Welt), den sozialistischen Industriestaaten (Zweiter Welt) und der „Dritten Welt“ unterschieden wurde. Heute wird der Begriff vermieden, da er inzwischen als abwertend empfunden wird und durch das Ende des Kalten Krieges außerdem nicht mehr angemessen ist.
„Fairer Handel ist eine „Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte ProduzentInnen und ArbeiterInnen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit den VerbraucherInnen) für die Unterstützung der ProduzentInnen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels.“ (Definition der internationalen Dachorganisationen des Fairen Handels FLO e. V., WFTO und EFTA)
„Fairer Handel ist eine „Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte ProduzentInnen und ArbeiterInnen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit den VerbraucherInnen) für die Unterstützung der ProduzentInnen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels.“ (Definition der internationalen Dachorganisationen des Fairen Handels FLO e. V., WFTO und EFTA)
Die Faire Woche ist ein bundesweiter Aktionszeitraum rund um das Thema Fairer Handel, der vom Forum Fairer Handel getragen wird. Bei rund 4.000 Veranstaltungen von Weltläden, Aktionsgruppen, Supermärkten, Kantinen und Einzelpersonen informieren sich fast eine Millionen Menschen über den Fairen Handel. Die Akteure verfolgen das gemeinsame Ziel, den Fairen Handel in Deutschland noch stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Zusammenschluss von vier internationalen Organisationen des Fairen Handels. FINE steht für die Anfangsbuchstaben seiner Mitglieder: F - Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) I - International Fair Trade Association (IFAT) (2008 Umbenennung in WFTO) N - Network of European Worldshops (NEWS!) (2009 in die WFTO integriert worden) E - European Fair Trade Association (EFTA) Die Bezeichnung FINE hat aktuell an Gültigkeit verloren, da sich zum einen die IFAT 2008 in WFTO umbenannt hat und zum anderen NEWS! 2009 aufgehört hat als eigenständiges Netzwerk zu existieren und in die WFTO integriert wurde.
Ein Zusammenschluss von nicht geschlossener Mitgliederzahl mit dem Zweck, den Erwerb ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Im Fairen Handel sind viele Produzenten in Genossenschaften oder Kooperativen organisiert.
Die Produzentengruppen sind entweder Genossenschaften oder abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaft oder in Fabriken. Bei der Herstellung von Kunsthandwerk handelt es sich häufig um Kleingruppen oder Familienbetriebe.
Generell können nur die Produkte ein Fairtrade-Siegel tragen, für die es Fairtrade-Standards gibt. Die Fairtrade-Standards werden von Fairtrade International in Bonn entwickelt.
Weltläden sind Fachgeschäfte, in denen fair gehandelte Produkte verkauft werden. Sie beteiligen sich außerdem an Informationsarbeit, Kampagnen und politischen Aktionen zum Fairen Handel. Die Mitarbeiter/-innen arbeiten überwiegend ehrenamtlich.