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Faire Milch

Hat der Faire Handel etwas mit der Turbo-Kuh zu tun?
Seit es GEPA-Schokolade auch mit fairer Milch aus dem Alpenland gibt, eine ganze Menge.
Wieso? Weshalb? Warum? Einfach weiterlesen und mehr erfahren.

Turbo-Kuh und Dumping-Preise

Wütende Bauern, die ihre Milch in den Gulli oder gleich vor das EU-Parlament schütteten – viele erinnern sich an diese Bilder aus 2008. Der Zorn der Landwirte richtete sich gegen Dumping-Preise und eine EU-Politik, die vor allem große Betriebe und Molkereien bevorzugt.
Der Trend zu Großbetrieben und Massenproduktion macht auch vorm Kuhstall nicht Halt - im Gegenteil:
Möglichst viel Milch in möglichst kurzer Zeit zu produzieren – darauf sind die Hochleistungskühe heute ausgerichtet.
Vor 30 Jahren gab eine Kuh noch durchschnittlich 4.000 Liter Milch pro Jahr. Heute schaffen Hochleistungskühe schon 10.000 Liter und mehr.

Kühe sterben früher

Die Kehrseite des Zuchterfolges: Heute kommen die hochgezüchteten Kühe laut Statistik schon nach durchschnittlich fünf Jahren zum Schlachter. Zusätzlich zum Heu fressen sie bis zu 11 Kilogramm Kraftfutter am Tag. Damit erreichen sie eine Tagesleistung von ca. 40 Litern Milch. Dafür ist das Magensystem der Kuh aber nicht ausgelegt. Die Folge ist eine sehr schmerzhafte Magenkrankheit. Außerdem leiden viele dieser Kühe an Euter- und Klauenerkrankungen.

Wertlose Milch

Die Produktionskosten sind für Großunternehmer viel geringer als für kleinere Milchviehbetriebe. Daher bekommen kleinere Betriebe das Preisdiktat der Discounter und Supermärkte besonders deutlich zu spüren. Für Milch und Milchprodukte werden Dumpingpreise bezahlt. Viele Bauern können diesem permanenten Preisdruck nicht standhalten und geben ihren Betrieb auf.

Sie konkurrieren mit großen Milchviehbetrieben, die mit Hochleistungskühen und billig importiertem Futtermittel größere Mengen Milch auf einer kleineren Fläche und in kürzerer Zeit produzieren. Heute ist es so, dass 20 Prozent der Betriebe 80 Prozent der gesamten Produktion erwirtschaften. Kleine Höfe sterben nach und nach aus:
Seit 1996 hat sich die Anzahl der Milchbetriebe mit weniger als 50 Kühen mehr als halbiert.

Milchpreise

Für ihre Milch bekamen deutsche Bauern auf dem Markt zeitweise weniger als 25 Cent pro Liter. Das reicht bei Weitem nicht aus, um die Produktionskosten zu decken. Dafür bräuchte ein Großbetrieb 25 bis 33 Cent. Ein kleinerer Hof mit bis zu 50 Kühen sogar mindestens 40 Cent.
Trotz der niedrigen Milchpreise lohnt es sich für Großbetriebe, ihre Milch zu verkaufen. Das ist auch eine Folge der EU-Agrarpolitik: Über ihre Direktzahlungen an die Landwirte werden besonders die großen Betriebe subventioniert. Gerade die Massenproduktion hat schwerwiegende Folgen für Umwelt und Klima: Neben einer unwürdigen Tierhaltung setzen die Tiere durch ihre Ausscheidungen große Mengen Klimagase wie Methan frei.

Wer hat, dem wird gegeben

Dieses Sprichwort trifft bei den EU-Agrarsubventionen zu. Die EU-Agrarpolitik basiert auf einem Zwei-Säulen-System. Mit über 45 Milliarden Euro ist die erste Säule deutlich besser ausgestattet als die zweite. Unter die erste Säule fallen auch die so genannten Direktzahlungen an die Landwirte. Diese Direktzahlungen richten sich nach der Betriebsgröße: Je größer ein Betrieb, desto höher ist die Prämienzahlung aus Brüssel. Ein kleiner Bauernhof mit verhältnismäßig wenig Fläche bekommt deutlich weniger Geld als ein Großbetrieb, der ohnehin aufgrund seiner Betriebsgröße insgesamt kostengünstiger produzieren kann. Mit diesen Direktzahlungen soll das Einkommen der Landwirte gesichert werden.
Über die zweite Säule fließen Fördergelder in die Entwicklung der ländlichen Regionen. Diese werden z.B. zur Förderung des ökologischen Landbaus, für den Vertragsnaturschutz oder für Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Fremdenverkehrs und der regionalen Wirtschaft verwendet.
Insgesamt betragen die Subventionen für die Landwirtschaft rund 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist der größte Posten im EU-Haushalt.
Bis 2013 reformiert die EU ihre Agrarpolitik. Bereits jetzt wird kritisiert, dass die EU diese Chance ungenutzt lässt und statt des so wichtigen Wandels im Agrarsektor nur ein „Reförmchen“ hervorbringt.

Zu viel ist nicht genug

Am Produkt Milch wird einmal mehr deutlich, wozu die Zahlungen aus Brüssel führen: Zu noch mehr Milch. Längst übersteigt das Angebot die Nachfrage. Oder wie es ein holländischer Landwirt ausdrückt: „Wenn die Wanne voll ist, sollte man eigentlich schnell den Hahn zudrehen.“
Doch statt den „Milchhahn“ zuzudrehen, belohnt die EU die Überproduktion von Milch. Auch bei der Festsetzung der so genannten Milchquote hat sich die EU nicht an Bedarf und Nachfrage orientiert. Die Milchquote regelt die Menge Milch, die ein Betrieb abliefern darf. Jedem Betrieb ist seine Milchquote zugeteilt. 2008 wurde die Milchquote zudem erhöht. Die Folge war, dass noch mehr Milch produziert wurde.
Die Milchquote liegt derzeit insgesamt bei rund 10 Prozent über dem bundesweiten Verbrauch. Dieses Überangebot drückt die Preise zusätzlich. Doch trotz aller Kritik an der zu hoch festgesetzten Milchquote wurde vor einiger Zeit eine neue Maßnahme beschlossen, die weit reichende Konsequenzen haben wird:
Geplant ist, die Milchquoten-Regelung noch bis 2014/15 zu verlängern und danach abzuschaffen. Dies bedeutet, dass jeder Hof dann unbegrenzt viel Milch verkaufen darf. Es wird noch mehr überschüssige Milch produziert und der Preis wird weiter fallen.

Was hat EU-Milch mit afrikanischen Bauern zu tun?

Oder anders gefragt: Wohin mit der überschüssigen Milch und wie lässt sich damit noch Geld verdienen?
Unternehmen wie die Nordmilch AG exportieren überschüssiges Milchpulver in Entwicklungs- und Schwellenländer. Damit sich die Ausfuhr lohnt, bekommt die Nordmilch AG von der EU so genannte Exportsubventionen. Dies ist ein lohnendes Geschäft, denn auf der Startseite des Nordmilch-Konzerns im Internet ist zu lesen: „Der NORDMILCH-Konzern exportiert in über 80 Länder der Welt und erzielte im Jahr 2009 einen Konzernumsatz in Höhe von 1,9 Mrd. EUR.“
Ohne die Subventionszahlungen aus Brüssel würde sich der Export gar nicht lohnen.

Was sind Exportsubventionen?

Exportsubventionen sind staatliche Zuschüsse an einheimische Unternehmen oder Einzelpersonen, die ein Gut ins Ausland liefern.
Konkret bedeutet dies, dass die EU die Differenz zwischen dem niedrigen Weltmarktpreis und dem höheren Preis in der EU an Konzerne wie beispielsweise Nordmilch zahlt.
Die Exportsubventionen in der EU belaufen sich pro Jahr auf ca. 1,5 Milliarden Euro. Allerdings bekommen dieses Geld nicht die Landwirte, sondern die Exportunternehmer.

Auswirkungen in Entwicklungs- u. Schwellenländern

Durch die Subventionszahlungen werden die Milchprodukte künstlich billig gemacht. Das billige Milchpulver wird z.B. in afrikanische Länder exportiert. Die heimischen Produkte auf dem dortigen Markt können mit den billigen Milchprodukten „Made in Europe“ nicht konkurrieren und werden so vom Markt verdrängt.
Damit wird die Lebensgrundlage von Kleinbauern zerstört und der Aufbau einer eigenen Milchverarbeitung verhindert bzw. zerstört.

Beispiel Burkina Faso

Souleymane Diallo ist Milchbauer aus Guirko in Burkina Faso. In dieser Region gibt es eine große Nachfrage nach lokal produzierter Milch. Die Bauern haben dadurch ein Einkommen, mit dem sie ihre Familien ernähren und sogar soziale Projekte finanzieren können.
Besonders stolz ist der Milchbauer auf das Alphabetisierungsprogramm in seinem Dorf. Sorgen bereiten ihm hingegen die vielen Säcke mit je 25 Kilogramm Trockenmilch u.a. aus der EU. Bei verschiedenen Händlern hat er diese Ware aus der EU bereits gesichtet. Er weiß, dass das billige EU-Milchpulver auch seine Zukunft bedroht.

Beispiel Kamerun

Milchbauern im nordwestlichen Kamerun verkauften ihre Milch an eine kleine lokale Molkerei. Die aber konnte auf Dauer nicht mit dem Dumpingmilchpulver aus der EU mithalten. 2008 ging die Molkerei pleite.
Die Milchbauern verloren somit eine wichtige Möglichkeit, ihre Produkte zu vermarkten.
Jetzt müssen sie ihre Milch wieder selbst verkaufen – an Nachbarn oder auf den Märkten der Dörfer. Für die Bauern ist dies sehr beschwerlich: Sie müssen die Milch über weite Strecken transportieren – darunter kann die Qualität leiden und außerdem verdirbt Frischmilch natürlich sehr schnell. Hinzu kommt dann noch, dass die Milch der heimischen Bauern in direkter Konkurrenz zu den billigen EU-Milchprodukten stehen.

Besonders unverständlich an diesem Beispiel ist: Über Jahre flossen Entwicklungshilfegelder der EU in den Aufbau einer einheimischen Milchwirtschaft. Mit den Billig-Importen aus Europa konnte diese einheimische Molkerei irgendwann nicht mehr mithalten und machte pleite.

(Die Beispiele sind dem Flyer von Germanwatch zur Ausstellung „Mensch-Macht-Milch“ entnommen)

Tierfutter statt Nahrungsmittel

Hochleistungskühe brauchen Hochleistungsfutter – zum Beispiel in Form von Soja. Ein Großteil der Soja-Importe kommt zu niedrigen Preisen aus Südamerika. Südamerika gehört zu den Hauptanbaugebieten von größtenteils genmanipulierten Sojabohnen. Der so genannte „Sojagürtel“ umfasst Teile von Brasilien, Argentinien, Paraguay, Bolivien und Uruguay und erstreckt sich auf etwa 50 Millionen Hektar.
Soja ist heute eines der wichtigsten Eiweißbestandteile für Tierfutter. Tierfutter, das in der hochindustrialisierten, auf Massenzucht ausgerichteten Landwirtschaft in Europa und Nordamerika so dringend gebraucht wird.
Für den industriellen Anbau in großem Stil werden Kleinbauern zum Beispiel in Brasilien von ihren Feldern vertrieben. Sojabohnen werden auf riesigen Plantagen angebaut. Das sind Flächen, wo vorher tropische Regenwälder standen. Das heißt konkret:
Nutztiere in Europa „fressen“ auf diese Weise den Regenwald. Gleichzeitig fehlen den Kleinbauern diese Flächen für die Erzeugung eigener Nahrungsmittel.
Allein Deutschland importierte im Jahr 2008 mehr als drei Millionen Tonnen Sojabohnen sowie zwei Millionen Tonnen Sojaschrot. Laut Berechnungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) wird auf circa 2,8 Millionen Hektar in Übersee Soja für die deutsche Tierproduktion angebaut. Das entspricht in etwa der Fläche Brandenburgs.

Gen-Futter, nein Danke

Viele Verbraucher/innen möchten keine genmanipulierten Lebensmittel. Auch nicht, wenn diese „indirekt“ über das Tierfutter in die Nahrungsmittelkette gelangt sind.
Schon seit Jahren verzichtet die GEPA bewusst auf den Einsatz von Gentechnik bei der Herstellung ihrer Produkte. Auch bei der Milch ist die GEPA jetzt Pionier und stellt ihr Schokoladensortiment sukzessive auf faire Milch aus Deutschland um.
Die Vollmilch-Schokoladen der GEPA enthalten Bio-Milch von Kühen aus dem Berchtesgadener Land. Ihr Futter stammt aus der Voralpen-Region, das zu mindestens 50% vom eigenen Hof kommt. Die Kühe suchen sich ihr Futter im Sommer auf der Alm selbst.
Im Winter bekommen sie biologisch erzeugtes Heu.
Die Genossenschaft Milchwerke Berchtesgadener Land geht in Bezug auf das Thema Gentechnik auf Nummer sicher:
Für die Bauern in dieser Genossenschaft gilt, egal, ob bio oder konventionell: Keine Gentechnik im Tierfutter.

Landwirtschaft mit Zukunft

Nur eine ökologische Landwirtschaft, die Böden, Klima und Tiere langfristig schützt, ist nachhaltig und zukunftsfähig. Dafür ist aber deutlich mehr Handarbeit erforderlich und auch das hat seinen Preis. Und nur wenn die Bio-Milchbauern von ihrer Arbeit leben können, hat die naturnahe Wirtschaftsweise eine Zukunft.
Die Genossenschaft Milchwerke Berchtesgadener Land zahlt den Mitgliedern einen überdurchschnittlichen und verbindlichen Milchpreis. Seit Jahren zahlt sie den höchsten Milchpreis in Deutschland. Zur Zeit (Stand Oktober 2011) liegt dieser bei 46,49 Cent pro Liter.
Mehr dazu finden Sie unter der Linkliste in der rechten Spalte. Hier werden Sie direkt zur Mikroseite der GEPA geführt.

Neue Wege mit neuen Partnern

Eine „fair“ bezahlte Milch einer Molkereigenossenschaft ist die ideale Zutat für die Vollmilch-Schokoladen der GEPA. Mit der Genossenschaft Milchwerke Berchtesgadener Land hat die GEPA einen neuen Handelspartner. Damit Gutes noch besser wird.

Foto: GEPA/ A. Welsing

GEPA - THE FAIR TRADE COMPANY
Hintergrundgrafik, die den Viewport komplett ausfüllt